Was macht ein gutes Reetdach aus?
Ein gutes Reetdach wirkt schön wie eine Sinfonie. Wie ein Musikstück ist es immer ein Zusammenspiel von sorgfältiger Planung, hochwertigem Material und handwerklicher Meisterausführung.
Erfahrene Reetdachdecker und Architekten beherzigen dabei zwingend einige wichtige Grundregeln, die auch die Haltbarkeit eines Rohrdaches (im Schnitt 30 bis 50, in einigen Fällen bis 100 Jahre) beeinflussen. Hier die wichtigsten Faktoren:

Gut geneigt ist halb gewonnen
Reetdächer sollten immer eine Neigung von über 45 Grad haben, also relativ steil sein. Nur dann können die Wassertropfen problemlos abperlen. Für kleinere Flächen (zum Beispiel an den Dachgauben) sind nach Absprache mit Bauherren und Architekt geringere Neigungen möglich, sofern mit längerem Reet gearbeitet wird. Das bewirkt die Steile: Auch bei Regen wird dann immer nur die oberste Schicht durchfeuchtet – und das kann der Naturbaustoff ab. Die Halmneigung sollte stets über 25 Grad sein, hier gilt die Faustregel, je größer die Halmneigung, desto länger lebt das Dach.

Die Traufe ist nicht nur gemütlich
Heimelig wirken bei Reetdachhäusern die großen Dachüberstände. Sie haben aber auch einen konstruktiven Sinn: Reetdächer sollten mindestens 30 Zentimeter über die Mauer hinausragen („Traufüberstand”). So kann die Nässe ungehindert abtropfen, ohne die Wand zu befeuchten. Es gibt ja bei Reetdächern keine Regenrinne, sondern die Tropfen sammeln sich rund um das Haus in einem Kiesbett.

Auswahl des richtigen Reets
Bei der Verarbeitung der Reetbunde ist ein wachsames Auge gefragt, denn die letzte Kontrolle des zu verarbeitenden Reets führt der Dachdecker durch. Sollte ein Bund nicht den Anforderungen entsprechen, muss es aussortiert werden. Ein Reetbund findet je nach Länge seine Stelle im Dach: Kürzeres Reet wird für die Walme und unter Gauben verwendet, längeres Reet wird meist für die Dachflächen und die Gaubendeckel verwendet
Diese Häuser dürfen „arbeiten”
Reet ist eine flexible Dachhaut. Wegen ihrer Elastizität können die Halme das „Arbeiten” des hölzernen Dachstuhls auffangen. Dadurch bietet ein Reetdach dem Winddruck einen besseren Widerstand als ein Pfannendach. Nicht umsonst findet man an der Küste so viele Reethäuser. Auch die „Eulenlöcher” an den Firsten der norddeutschen Reethäuser haben übrigens einen konstruktiven Sinn: Sie sorgen für den Luftdruckausgleich unter dem Dach. So kann es Windböen leichter „wegstecken”.

Hinterlüftung: So lebt Reet länger
Reetdächer werden heute meist als so genanntes Kaltdach „mit Hinterlüftung” gebaut. Das heißt, das Dach ist so konstruiert, dass die Feuchtigkeit abgeführt wird. Folge: Die Baukonstruktion selbst verhindert eine Schimmelbildung oder einen vorzeitigen Verfall. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn sich Einliegerwohnungen oder Hotelzimmer unter dem Dach befinden. Die Feuchte aus Bad und Küche muss ja irgendwo hin. Mit Trauf- und Firstlüftern kann die Hinterlüftung auch im nachhinein hergestellt werden.

Schauen, wo man baut
Der Standort ist ganz entscheidend für die Lebensdauer eines Reetdaches. Faustregel Nummer eins: möglichst nicht unter Bäumen. Eine alte Kastanie über dem Dach mag zwar romantisch aussehen, aber abfallende Blätter und Früchte hindern das Dach nach jedem Regen am Trocknen – und Staunässe mag der natürliche Baustoff nicht. Feuchte kann wiederum das Wachstum von Pilzen, Algen oder Moosen begünstigen. Wer ein Althaus unter Bäumen besitzt, sollte diese möglichst regelmäßig zurückschneiden.

Je trockener das Dach, desto länger hält es
Das gilt auch für den Bau des Daches. Reetdächer sollten nicht im Winter gebaut werden. Das unfertige Dach muss bei Regen abgeplant werden, genauso wie das auf der Baustelle gelagerte Reet.
Geiz ist nicht geil
Je besser das Reet und je sorgfältiger der Reetdachdecker arbeitet, umso teuerer wird das Dach und umso länger die Lebensdauer des Reetdaches.
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